Immunologische Uhr bestimmt Geschwindigkeit des Alterns

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Das Fortschreiten chronischer Entzündungsprozesse entscheidet darüber, wie schnell man altersbedingte Krankheiten entwickelt

Im Alter verstärken sich chronische Entzündungen, die unter anderem die Gesundheit von Herz und Blutgefäßen beeinträchtigen.

Im Alter verstärken sich chronische Entzündungen, die unter anderem die Gesundheit von Herz und Blutgefäßen beeinträchtigen.

© James O’Brien for the Buck Institute (Ausschnitt)

Stanford (USA) –

Mit dem Alter verstärken sich allmählich chronische, nicht auf einzelne Körperregionen beschränkte Entzündungsprozesse des Immunsystems. Diese immunologische Uhr tickt bei den einen schneller, bei anderen langsamer, so dass die Alterung des Immunsystems nicht strikt an das Lebensalter gekoppelt ist. Je ausgeprägter der Entzündungsstatus, desto größer ist das Risiko für degenerative Erkrankungen, Krebs und generelle Gebrechlichkeit. Durch vergleichende Analysen von Immunzellen und deren Botenstoffen im Blut haben amerikanische Mediziner jetzt eine Signatur von Merkmalen identifiziert, die auf den individuellen Entzündungs- und Gesundheitsstatus eines Menschen schließen lässt. Als besonders relevant erwies sich der Blutwert für das Zytokin CXCL9. Eine hohe Konzentration dieses immunologischen Botenstoffs war unter anderem mit einem erhöhten Risiko für Herz- und Gefäßerkrankungen verbunden, berichten die Forscher im Fachblatt „Nature Aging“. Ihre Ergebnisse ermöglichen sowohl eine frühzeitige Diagnose altersbedingter Erkrankungen als auch neue Therapien, die das immunologische Altern verlangsamen und so die Gesundheit im Alter verbessern könnten.

„Es wird immer deutlicher, dass wir mehr auf die Alterung des Immunsystems achten müssen, zumal fast jede altersbedingte Erkrankung auch auf Entzündungen beruht“, sagt David Furman von der Stanford University. „Unsere Methode ermöglicht es, Gebrechlichkeit sieben Jahre im Voraus zu erkennen – und das gibt uns viel Zeit für Gegenmaßnahmen.“ In seinem Forschungsprojekt ermittelte er, wie sich Anzeichen chronischer Entzündungen im Blut verändern, wenn wir älter werden. Die Auswertung der Daten mit Hilfe künstlicher Intelligenz (Deep Learning) lieferte eine immunologische Uhr des Alterns.

Furman und seine Kollegen untersuchten Blutproben von 1001 Menschen im Alter zwischen 8 und 96 Jahren auf Merkmale von Immunzellen, die an Entzündungsreaktionen beteiligt sind. Daraus ergab sich für jeden Probanden ein individueller Entzündungsstatus. Dieser beruhte hauptsächlich auf dem Blutspiegel von etwa 50 Zytokinen. Von größter Bedeutung war das Zytokin CXCL9, ein Botenstoff, dessen Blutwert meist vom 60. Lebensjahr an stetig zunimmt. Er wird nicht nur von Immunzellen, sondern auch von den Endothelzellen der Blutgefäße produziert. Auch bei gesunden Menschen mit erhöhten CXCL9-Werten ergaben spezielle Messungen erste Anzeichen verkalkter Arterien und krankhafter Veränderungen des Herzens. In Laborversuchen mit menschlichen Zellkulturen ist es gelungen, durch Blockade der CXCL9-Produktion gestörte Funktionen von Endothelzellen wiederherzustellen. „Wir konnten zeigen, dass CXCL9 viele Gene aktiviert, die Entzündungsreaktionen auslösen und so die Alterung von Blutgefäßen mitverursachen“, sagt Furman.

Ein Vergleich mit medizinischen Daten – der eigenen Probanden und Teilnehmern anderer Studien – ergab einen engen Zusammenhang zwischen Entzündungsstatus einerseits und Gebrechlichkeit, Herz- und Gefäßgesundheit und Lebenserwartung andererseits. Auch die Langlebigkeit von Hundertjährigen könnte auf einem stark reduzierten Niveau von Entzündungsreaktionen beruhen. Deren immunologische Uhr zeigte im Schnitt einen Stand, der dem von 60-Jährigen entsprach. Ein gesunder 105 Jahre alter Mann hatte das Immunsystem eines 25-Jährigen. Eine frühe Diagnose altersbedingter chronischer Entzündungen und deren Therapie könnte also in Zukunft ein gesünderes Altern und längeres Leben ermöglichen.

© Wissenschaft aktuell

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